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Die beste CAFM-Software

Welches ist die beste CAFM-Software? Das ist mit Abstand die beliebteste Frage im Markt, und sie ist praktisch immer falsch gestellt. Warum das so ist? Die Antwort ist einfach: Es fehlt etwas. Das „etwas“, das fehlt, ist wahlweise

  • der Einsatzzweck,
  • das Umfeld,
  • die schon vorhandene Software,
  • die Phrase „für mich“.

Denn eines ist von Beginn an sicher: Ein CAFM-System ist immer eine individuelle Lösung, die mal mehr, mal minder stark standardisiert sein darf. Wobei auch hier zu fragen wäre: Nach welchem Standard genau?

Das Internet als Wunderkammer

Die erste Anlaufstelle, um mehr Klarheit zu gewinnen, dürfte das Internet sein, und hier für einige die klassische Suchmaschine. Dank Suchmaschinen-Optimierung diverser Webseiten gibt es auch ausgiebig Antwort:

  • Es finden sich Hersteller, die ein Ranking aufsetzen, bei dem sie tatsächlich als beste abschneiden, während ohnehin nicht vergleichbare Systeme nicht ganz so überzeugen.
  • Es gibt Bewertungs-Portale, die auf alles spezialisiert sind und daher neben Küchen-Maschinen und Wohnzimmer-Sofas auch Platz für CAFM-Anwendungen gefunden haben.
  • Und es gibt Experten, die ihr beschränktes Wissen mit Freude und Bias in die Öffentlichkeit tragen.

Das ist zwar manchmal lustig zu lesen, hilfreich ist es aber nicht.

ChatGPT kennt sich aus?

Die Alternative ist, ChatGPT oder einen anderen KI-Bot zu fragen. Die Antworten sind so bunt wie der Regenbogen. Denn ChatGPT tut, was Chatbots am besten können – planlos nachplappern.

Außerdem merkt sich solch ein Bot meist, was schon mal gefragt und als Antwort bevorzugt wurde, weil darauf aufbauend der nächste Prompt folgte. Prompt folgt also eine Ausgabe mit – Sie ahnen es bereits – ihrem eigenen Bias. Immerhin sind Sie damit mehr in das Ergebnis eingebunden. Helfen dürfte es dennoch nicht, denn wer mit verschiedenen Eingaben arbeitet, erhält unterschiedlichste Ausgaben.

Ein Test von mir ergab für „Welches ist das beste CAFM-System?“ vier Vorschläge, von denen eine tatsächlich ein CAFM-System war, interessanterweise mit „CAFM“ und „System“ im Firmennamen. Auch eine GIS-Software fand sich unter den Ergebnissen, ein CMMS und eine Arbeitsplatz-Software. Offenbar scheinen IWMS und CAFM synonym verstanden zu werden – pars pro toto, also. Leider aber falsch.

Die Frage „Welches ist die beste CAFM-Software?“ führte zu elf Ergebnissen, von denen die ersten sechs tatsächlich CAFM-Anwendungen sind. Ihre Hersteller betreiben viel Marketing, sind im Markt entsprechend präsent, und dazu zeigt sich bei den Top-3 Ergebnissen nicht nur ein Schwerpunkt im US-amerikanischen Markt, sondern auch zum Verdantix Green Quadrant, der als Kauftest für mehrere tausend US-Dollar Gebühr für die Berücksichtigung einer Software das Feld der Zahlungswilligen evaluiert. Die Ergebnisse der Tabellen reichen übrigens von „gut“ bis „führend“ – wer wäre auch grob zu seinen zahlenden Gästen?ä

Welche ist meine beste CAFM-Software?

Damit zeigt sich ein Kerndilemma: Neutrale Bewertungen gibt es nicht. Und das liegt vor allem daran, dass – wie oben schon gesagt – etwas fehlt: Nämlich der konkrete Use-Case in seinem konkreten IT- und Arbeitsumfeld. Und dieser Use-Case ist grundsätzlich ein ausgeprägtes Individuum, das bei mancher Ähnlichkeit zu anderen Use-Cases dennoch viele Eigenarten haben wird, die in die Bewertung einfließen müssen.

Daher ist einiges an Grundlagen-Forschung und Handarbeit notwendig, um herauszufinden, welches tatsächlich die beste CAFM-Software wäre. Zentrale Punkte sind:

  1. Voraussetzungen und Erwartungen klären: Zuerst ist es sinnvoll, die eigenen Voraussetzungen zu prüfen: Was genau will ich mit einer CAFM-Lösung machen und was genau möchte ich damit erreichen? Das Pflichtenheft ist damit nicht gemeint, sondern ein umfassendes Brainstorming, dessen Ergebnis als Streichliste dient, damit der erste Wurf einen nicht gleich erschlägt.
  2. Markt sichten: Wenn klar ist, welche Bereiche des FM mit einer Software unterstützt werden sollen, wäre ein nächster Schritt, die „GEFMA 940 Marktübersicht CAFM-Software“ zu Rate zu ziehen. Sie wird jährlich aktualisiert und listet rund 30 Hersteller von entsprechenden Lösungen, dazu Berater und Integratoren. Zwar sind die Angaben der Hersteller nicht redaktionell überprüft, sie sind dennoch meist belastbar. In einer Matrix sind grundlegende Parameter aller Lösungen zusammen dargestellt. Wer hier mit einem Stift alle Spalten markiert, deren Module den eigenen Anforderungen entsprechen, findet leicht heraus, welche Anwendungen alle eigenen Anforderungen erfüllen.
  3. Spezialisten erkennen: Viele Anbieter von CAFM-Anwendungen haben ursprünglich mit anderen Software-Produkten begonnen, aus denen sich über die Zeit ihre Lösungen für das Facility Management entwickelt haben. Das merkt man einigen Software-Produkten bis heute an, was aber nicht negativ zu verstehen sein soll. Spezialwissen zum Beispiel in Netzwerktopologien, Energiemanagement oder dem Klinikumfeld ist für bestimmte Kundengruppen von besonderem Wert.
  4. Branchenkenntnis: Ähnlich verhält es sich mit Branchen-Schwerpunkten. Auch hier können die Hersteller ihre Geschichte nicht verbergen, und das müssen sie auch gar nicht. Denn sich in einem Umfeld besonders gut auszukennen, ist ein Trumpf in der Hand sowohl des Anbieters wie der des Kunden, wenn dieser aus jenem oder eine verwandten Umfeld kommt. Schließlich inkludiert das Angebot dann auch ein umfassendes Maß an Branchenkenntnis, die sich in einer deutlich schnelleren Anpassung und Einführung der Lösung niederschlagen dürfte.
  5. Auswahl absichern: Ratsam ist, sich die Referenzkunden der Hersteller anzusehen. So lässt sich zum einen feststellen, in welchen Marktsegmenten die jeweiligen Anbieter schon tätig und damit Erfahrung haben. Zum anderen kann die Auswahl der Kunden ein Indikator für die Passgenauigkeit der Lösung zu einem selbst sein – eine ländliche Kommune wird bei einem Anbieter mit international tätigen Industrieunternehmen weniger gut aufgehoben sein, und ein Automobilbauer kaum ein einem Softwarehaus, das einen Schwerpunkt auf Flächen- und Reinigungs-Management hat. Die zum Teil zu Rate gezogene Zertifizierung nach der Richtlinie GEFMA 444 als Indikator kann mitunter helfen. Mit dem Siegel wäre sichergestellt, dass grundlegende Funktionalitäten gegeben sind und die Anwendung zuverlässig arbeitet. Allerdings prüfen die Auditoren der GEFMA nicht in die Tiefe der Systeme, wo die eigentlich wichtigen Leistungsmerkmale arbeiten.
  6. Guter Rat ist sinnvoll: Grundsätzlich zu empfehlen ist, sich einen Berater mit ins Boot zu holen. Der Einwand, ein solcher Spezialist koste extra, ist zwar formal korrekt, seine Erfahrung und Expertise spart aber in den meisten Fällen deutlich mehr ein, als die Beratung kostet. Denn eine CAFM-Einführung scheint nur auf den ersten Blick einfach. Bei genauerem Betrachten befinden sich die künftigen Anwender damit getrost ein Jahr auf hoher See. Und oft bei schwerem Wetter. Denn Wunsch und Machbarkeit, internes Kompetenzgerangel und verschiedene andere Aspekte können ohne externes Fachwissen und neutrale Moderation schnell zum nachhaltigen Stolperstein werden und eine CAFM-Einführung im schlimmsten Fall komplett scheitern lassen. Wichtig ist allerdings, darauf zu achten, dass der Berater nicht eine Lieblingssoftware hat, die von ihm bevorzugt eingeführt wird, oder dass bestimmte Anwendungen grundsätzlich nicht mit einbezogen werden.
  7. Kompetenz im Software-Haus: Und wichtig ist, dass der Software-Anbieter ein professionell aufgestelltes Consulting bietet. Dieses ist insbesondere in der Einführungsphase notwendig und zahlt sich sehr schnell aus, denn die erfahrenen Berater wissen um die Potenziale Ihrer Anwendung und können daher sehr schnell und verbindlich Lösungswege aufzeigen und diese dann auch erfolgreich umsetzen.

Der Aufwand lohnt sich

Wer eine CAFM-Software schnell mal einführen möchte, bekommt meist die alte Wahrheit serviert: Wer es sich leicht machen will, hat es schwer.

Software für Facility Management ist wie jede andere Software komplex. Sie passend auszuwählen, erfordert umfassende Kenntnis des eigenen Unternehmens und der eigenen Anforderungen. Sie in die bestehenden Systeme zu integrieren erforderte umfassende Fachkenntnis. Und Sie zu verwenden, erfordert ein auf die jeweiligen Anwender zugeschnittenes System, was sich im Begriff der „hohen Usability“ bündelt.

Daher lohnt es sich, etwas mehr Zeit und Geld in die ersten Schritte zu investieren. Die Zeit wird benötigt, um – pointiert gesprochen – die eigenen Wünsche gegen die eigenen Fähigkeiten im Unternehmen abzugleichen. Das Geld wird benötigt, um – gleichfalls pointiert – am Anfang den Pfad zu ebenen, mit dem später langfristig und nachhaltig Geld gespart wird. Denn letztlich ist das ein, wenn nicht der zentrale Grund, das Facility Management im Unternehmen mit professioneller Software auszustatten: Einsparungen zu generieren.

 

Bild: Freepik; Montage: speedikon FM AG